Alpha Protocol

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alpha1Loyalität hat ihren Preis. Niemand weiß das besser als Agent Michael Thorton aus dem kommenden Action-Rollenspiel „Alpha Protocol“. Der begabte junge Agent wurde von seiner Regierung entlassen und besitzt als Einziger die Informationen, mit denen eine unmittelbar bevorstehende internationale Katastrophe verhindert werden kann. Für ihn bedeutet das, sich gegen genau die Menschen zu wenden, die zu beschützen er geschworen hat. Der Spieler findet nach und nach heraus, wie verschiedene Aufgaben zu erfüllen sind. Dabei bestimmen sein Handeln und die Entscheidungen, die er in seinen Missionen trifft, wie sich Thorton als Agent entwickelt. Jede Wahl, die der Spieler als Michael Thorton trifft, wirkt sich auf dessen Zukunft und das Schicksal der Welt aus.

Agenten-Thriller

Zugegeben, während der ersten Spielminuten in der Wüste Saudi Arabiens fällt es leicht zu vergessen, dass man es bei Alpha Protocol wirklich mit einem Rollenspiel zu tun hat. Man denkt eher an eine Art Splinter Cell in der Wüste, denn ähnlich wie Sam Fisher ist auch Michael Thorton ein Leisetreter allererster Garnitur, der sich am liebsten geduckt vorwärts bewegt und vorzugsweise aus dem Hinterhalt zuschlägt. Gelingt es Thorton, sich unbemerkt an einen Gegner heranzuschleichen, hat man als Controller-Agent zwei Möglichkeiten: Entweder der Bösewicht wird per Handkantenschlag ins Reich der Träume geschickt, oder mit einem kleinen Messer auf Eis gelegt. Also schleichen wir in der Verfolgerperspektive durch karge Felslandschaften und warten auf das Getöse sporadisch auftauchender Wüstenstürme, unter deren staubigen Deckmantel wir einen Wachposten nach dem anderen ausschalten. Spätestens nachdem sich vor unseren Augen ein Terroristencamp ausbreitet, mit unserem Stealth-Latein am Ende. Auf Dächern, Gerüsten und Wachtürmen sind einfach zu viele Gegner, um sich unbemerkt zum eingeblendeten Zielpunkt pirschen zu können.

Computer hacken

Wo man mit Beobachtungsgabe und der gesammelten Schleich-Erfahrung aus unzähligen Tenchu-Metal-Gear-Syphon-Filter-Splinter-Cell-Abenteuern nicht weiterkommt, hilft im Normalfall nur eine weniger subtile Herangehensweise. Wegen der zu geringen Reichweite lassen wir die Pistole im Halfter, nehmen das Sturmgewehr von der Schulter, eröffnen das Feuer. Trotz mehrerer geleerter Magazine hat sich die Gegnerschar keineswegs verringert, der einzig messbare Erfolg dieser Aktion ist eine quakende Alarmsirene, die selbst ein taubes Kamel auf unsere Anwesenheit aufmerksam machen würde. Ein paar Volltreffer aus unzähligen Mündungen später liegt Thorton blutend am Boden und wir entscheiden uns dafür, unseren inneren Rambo zurück zu pfeifen und ein wenig mehr wie ein Rollenspieler vorzugehen. Das bedeutet, wir rufen das Radialmenü auf, wo der erste deutliche Unterschied zu den Kollegen Snake, Fisher und Bond auf uns wartet: Anstatt sich auf Gimmicks und Gadgets zu verlassen, greift Thorton auf spezielle Fähigkeiten zurück. Wir entscheiden uns für »gesteigerte Aufmerksamkeit« und siehe da: Für einen bestimmten Zeitraum werden nicht nur die Aufenthaltsorte der Gegner, sondern auch ihre aktuelle Blickrichtung anhand von Pfeilen eingeblendet. Nachdem wir uns unbemerkt über Dächer geschlichen und das Bond-Thema vor uns hin summend an einem gespannten Drahtseil hinab gerutscht sind, stehen wir endlich vor dem Computer, den es zu knacken gilt.

Es wäre einfach Alpha Protocol abzuschmettern und es für all seine Fehler und Macken mit einer wirklich niedrigen Wertung zu bestrafen. Die diversen Bugs, das total verhunzte Kampfsystem, die nicht mal mehr mäßige Präsentation und das unausgereifte Balancing bieten genug Angriffsfläche, um das Spiel in der Luft zu zerreißen. Selbst die Entwickler sind nicht zufrieden mit ihrem Produkt. Wir auch nicht, doch hat Alpha Protocol Seiten an sich, die honoriert werden müssen. Allem voran steht das Dialog Stance System, von dem wir in Zukunft unbedingt noch mehr sehen wollen. Die Hintergrundgeschichte kann sich ebenfalls sehen lassen, obwohl sie im Grunde auch nur einige Klischees abdeckt. Die Sprecher sind gut, Schlösser knacken ist realistisch umgesetzt. Um also auf die Frage ganz am Anfang dieses Artikels einzugehen. Alpha Protocol verfügt über genug Fünkchen Spielspaß, um es durchzustehen. Nur bedarf es dazu Geduld und Durchhaltevermögen, um diese kleinen, wertvollen Momente zu sehen. Wer es kann, hat Spaß dabei.

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